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Das Betreuungsgeld ist vom Beckenrand gesprungen. Das darf es nicht.

HAAALLOO! HAAAAALLOOOOO! Sie da! Hallo?! Ich muss kurz was loswerden. Was Juristisches. 

NEIN, bitte keine plötzliche Narkolepsie, ich mach' es kurz. 

Sie kennen mich und glauben mir nicht? ok. Ich verspreche es zu versuchen. Ich fang' schon an! Jetzt! 

 

Es war einmal das Betreuungsgeld... 

 

Bitte winken Sie nicht ab, ich glaube es ist wichtig. Es kommt auch mit keinem Wort "Griechenland" vor. Versprochen! Und auch keine Streichelmerkel, dafür aber Sex.

HA, ich wusste, dass ich Sie kriege.

 

Das BVerfG hat das Betreuungsgeld gekippt. Steht überall. Stimmt auch. Aber nicht, weil es das Betreuungsgeld gefühlsmäßig "falsch" fand. Das BVerfG ist ein sehr unemotionaler Klotz. Ob etwas Spaß macht oder Anreize für etwas setzt, ist ihm meistens egal. Es schaut sich an, ob man etwas darf oder nicht darf und sagt dann manchmal sogar noch, ob man es besser nicht dürfen oder besser dürfen sollte. 

 

Das BVerfG ist quasi ein Bademeister.

Das Betreuungsgeld ist vom Beckenrand gesprungen. Das darf es nicht. 

Steht auf einem Schild am Schwimmbadeingang, unserem Grundgesetz. Deswegen muss es jetzt das Freibad verlassen. Viele Badegäste lässt es ratlos und mit weniger Geld in der Tasche zurück und sie hoffen jetzt, dass dieses Geld in den Schwimmbadausbau investiert wird. Das hat der Bademeister zwar nicht gesagt, aber komischerweise twittern das die Badegäste.

 

Juristen finden alles, was da passiert ist, in der Mehrzahl ziemlich logisch. Weil sie viele Semester lang lernen mussten, wie emotionslose Bademeisterklötze zu denken.

Alle normal gepolten Menschen finden es vermutlich kleinlich und maximal verwirrend. 

Uns "Bürgern" ist es total egal, von wem wir Geld bekommen oder wem wir Geld zahlen müssen. Geld ist Geld. Und irgendwie ist es immer weg.

 

Ihr müsst Euch das alles, in einer von Klischees nur so triefenden Welt und jetzt mal voll unfeministisch dargestellt, so vorstellen:

 

Willkommen bei den "Staats" Zuhause! 

Hier wohnen Hartmut und Michaela Staat mit ihren drei Kindern Volker, Otto und Lieschen. 

 

Die Bundesländer sind die Hausfrauen im Hause Staat, in meiner Geschichte die gute Michaela oder der auch bayrische Hausmann Horst.

Der Bund ist der Ernährer der Familie. Das vermeintliche Familienoberhaupt. Hartmut.

 

In meiner Geschichte hat der Bund einen Anzug an, trägt einen Aktenkoffer und hat sich die Haare über die Glatze gekämmt.

Die Bundesländer sind ganz emsig und fleißig und tragen Schürzen aus Vichy-Karo und kochen am liebsten Buchstabensuppe. Idyllisch.

 

Wir, die Bürger, sind die Kinder und benehmen uns auch so. Wir machen meist was wir sollen und halten uns an die Regeln beider Eltern. Wer sie aufgestellt hat, ist uns in der Konsequenz vollkommen schnuppe. Wir putzen zwar ungern Zähne und versuchen hin und wieder um die Regeln drumrumzukommen -Steuern. Höchstgeschwindigkeiten. Alkohol. Öffentlich urinieren. In Kneipen rauchen. Grafitti an Wände malen (...)- , aber meistens machen wir ganz gut mit.

Manchmal rebellieren wir aber so doll, dass eine Regel tatsächlich mal geändert wird. Dann tanzen wir vor Freude nackt im Rasensprenger und ahnen nichts von der dunklen Wolke, die wegen unseres Triumphes von einer anderen Seite aufziehen wird. 

 

Hach, ich liebe mein Beispiel jetzt schon.

 

Die Bundesländerhausfrau hat erstmal alle "Kompetenzen" oder alle Entscheidungsgewalt im Hause "Staat". Sie macht hier die Gesetze! Ihr Mädchenname war "Föderalismus", den möchte sie nie ganz ablegen. Das steht in Artikel 70 des Grundgesetzes. 

Der Anzugträger war aber schlau und hat sich in den Artikeln 71 und 72 eine Möglichkeit offengehalten, seiner Frau auch mal in die Suppe zu spucken. 

Die Hausfrau darf nämlich nur dann Regeln aufstellen, wenn nicht der Anzugträger alleine berechtigt ist, in diesem speziellen Bereich die Regeln zu machen. Weil es einfach Anzugträgermaterie ist. Dann darf Michaela nicht. Gar nicht. Wenn sie es trotzdem macht, müssen sich die Kinder in letzter Konsequenz nicht dran halten. 

Ein klassischer Bereich, in dem sich Hartmut, wie in vielen Familien, mal raushalten muss, sind beispielsweise die Themen "Schule" und "Kultur". Da hat die Hausfrau Bundesland die sogenannte "Kulturhoheit" und damit das Sagen.

Nichts zu melden hat Michaela dagegen beispielweise in arbeitsrechtlichen Belangen. Oder beim Jagdrecht. Oder überwiegend beim Wirtschaftsrecht. Mehr Klischee geht echt nicht, die Bundesländer sollten sich dringend in die Argumente der Feminismusdebatten einlesen, wie mir scheint.

 

Es gibt noch eine Möglichkeit, wie die Angelegenheiten bei den Staats Zuhause geregelt werden können. Bei der "konkurrierenden Gesetzgebung" bekommen sich die Beiden regelmäßig in die Haare.

 

 

Konkurrierende Gesetzgebung bedeutet nicht, dass beide zusammen entscheiden dürfen, wie es bei diesem Thema laufen soll, sondern quasi nacheinander. 

Hier liegt das goldene Nudelholz, mit dem die Hausfrau den Anzugträger regelmäßig über den Hof jagt. Sie werfen sich also gegenseitig permanent vor, die Autorität vor den Kindern zu untergraben oder sich in den Rücken gefallen zu sein. 

 

Ist praktisch wie bei uns zu Hause, ich mag die Beiden! Sympathisch.

 

So eine Art Streit gab es jetzt also beim Betreuungsgeld.  

 

Die Hamburger Hausfrau Michaela hat aufbegehrt.

Hier war es nun so, dass der Anzugträger gesagt hat: 

"Michaela, mein liebes Hamburger Michelchen, es geht hier um den Bereich der "öffentlichen Fürsorge". Das ist mein Bereich. Ich möchte ein Betreuungsgeld bezahlen und zahle den deutschen Kindermädchen 150€ im Monat aus meiner Kasse."

 

Darauf die Hausfrau: 

"Hartmut, da bist Du aber mal schief gewickelt, mein Freund. ICH bin hier für die Fürsorge zuständig. Du hast Dich in diesem Bereich nur einzumischen und meinen Nannys irgendwelche Gelder zu zahlen, "wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich machen." 

Das ist hier nicht so. Halte Dich da raus. Außerdem finde ich Dein Betreuungsgeld generell falsch. Er verletzt die Grundrechte meiner Nanny. Du schläfst heute Abend auf dem Sofa". 

Rumms. Tür zu.

 

Als Hartmut nicht nachgeben wollte, holte das gute Michelchen das Nudelholz raus und jagte ihren Hartmut zum Bademeister, dem Bundesverfassungsgericht.

 

Der Bademeister hat der Hausfrau Recht gegeben und gesagt: 

"Hartmut, alter Freund, das war tatsächlich nicht Dein Tanzbereich. Du hättest Dich da nicht einmischen dürfen. Deine Einmischung war verfassungswidrig im Hause Staat. Ob das Betreuungsgeld aber irgendwelche Grundrechte verletzt und inhaltlich zu beanstanden wäre, ja, da sage ich jetzt hier nichts zu. Muss ich auch nicht, denn ich hab ja schon im ersten Schritt gesagt, dass der falsche Elternteil hier im Hause Staat gehandelt hat. Damit ist das Thema dann ja erstmal vom Tisch. 

Macht was draus, ihr Lieben, ich muss los, da hinten spielt jemand Fußball auf der Liegewiese."

 

 

Mit dem

Urteil steht den Bundesländer-Hausfrauen nun Folgendes offen: 

Sie können entscheiden, dass diese Regel in ihrem Haus nicht gelten soll. Dann kriegen die Kindermädchen in ihrem Haus kein Geld mehr von Hartmut.  Sie selbst zwar auch nicht, aber was soll's.

Sie können aber auch sagen, dass sie das Betreuungsgeld gut finden und es selbst umsetzen. Länderkompetenz. Das kostet die Hamburger Michaela oder den bayerischen Horst dann ihr eigenes Haushaltsgeld. Das finden sie aber auch doof. Vermutlich passiert jetzt schlicht: Nichts.

 

Mehr Geld in die KiTas?

 

Durch das Urteil des Bademeisters ist keinesfalls gesagt, dass Hartmut nun das Geld in ein neues Kinderplaschbecken oder eine neue Wasserrutsche investieren muss oder dafür sorgen muss, dass der Eintritt ins Freibad nun nicht mehr so wahnsinnig teuer ist. 

 

Die 150€ waren Hartmuts Geld. Nicht das Geld der Länder. Er muss es auch nicht den 16 Michaelas oder Horsts geben, damit die es an die Nannys weitergeben. Was jetzt mit dem Geld passiert, ist vollkommen unklar.

 

Die Hausfrauenbundesländer haben durch dieses Urteil keinen Cent mehr in der eigenen Haushaltskasse. Sie wollten schlicht und einfach nur nicht, dass sich der Anzugträger in den Kram einmischt, der sie nichts angeht. Das hat der Bademeister ihnen bestätigt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

 

Was passiert nun mit Hartmuts Geld? 

 

Kinderbetreuung kostenlos in der KiTa oder Krippe? Mehr KiTa-Plätze für die jetzt Betreuungsgeldlosen? Das kann sich Michaela vom Haushaltsgeld aber jetzt auch nicht leisten. Sagt sie. Da sieht sie das mit den konkurrierenden Kompetenzen dann doch nicht mehr ganz so eng und werkelt tagtäglich an ihrer Argumentation herum, wie sie ihren Hartmut dazu bekommen könnte, ihr mehr Geld für die Haushaltskasse zu geben. Direkt Geld an die Familien zahlen, findet Michaela aus Hamburg zumindest nicht so gut.

Das Nudelholz wird nicht weggepackt, nur neu geschwungen. Hoffentlich.

 

Was ist also nun Sache im Hause Staat?

 

Der Bund muss nun nicht mehr 150€ an eine halbe Million Familien in Deutschland bezahlen. Das hat das Land Hamburg erreicht. Es hat damit nicht erreicht, dass die Gelder trotzdem in anderer Form bei Familien ankommen.

 

Die Situation ALLER Familien mit kleinen Kindern sieht jetzt erstmal so aus: 

Bleibt ein Elternteil bei den ein- bis zweijährigen Kindern Zuhause und betreut sie dort, bekommen sie kein Betreuungsgeld mehr. 

Geben sie das Kind alternativ in die Krippe, müssen sie zwischen 150 € und 1000 € im Monat irgendwo auftreiben, je nach Kommune, damit es jemand anderes tut. 

 

Die wenigsten Krippen und KiTas sind nämlich kostenlos. Viele Elternteile gehen genau für diese Betreuungskosten arbeiten und kaum behalten kaum was übrig.

 

Was also bis jetzt in diesem Urteil passiert ist, ist schlicht eine Kürzung von Geldleistungen, die (maximal zwei Jahre lang) direkt an Familien mit Kleinstkindern geflossen ist. 

Mehr noch nicht. 

 

Was in diesem Urteil nicht passiert ist, ist eine direkte Wertung der Sinnhaftigkeit des Betreuungsgeldes.

 

Es gibt also absolut keinen Anlass, in diese ermüdende, kontraproduktive Diskussion einzusteigen, ob das Geld Frauen benachteiligt oder nicht. Oder ob besser Vollzeit-, Teilzeitmütter oder Erzieherinnen die kleinen Scheißer   wickeln und beschmusen sollten oder ob Kleinstkinder in die Krippe gehören oder nicht oder ob "Papa ja auch endlich mal seinen Teil beisteuern könnte". Verfehlt ist auch der Einwand der Großelterngeneration, dass es Generationen vorher "auch ohne Betreuungsgeld geschafft haben" und die heutige Mutterschaft endlich aufhören solle zu jammern (und die Kröte doch bitte weitere 30 Jahre lang schlucken soll.)

 

Das muss ein- für allemal aufhören, denn es entbindet die Politik davon, sich um Lösungen für Familien zu kümmern und ermöglicht es ihr, sich immer hinter einer Seite zu verstecken. Hört damit auf. Ihr seid alle "Eltern" und keine "Elternmodelle", die unterschiedlich förderungswürdig sind.

 

Für mich persönlich ist ein gestrichenes Betreuungsgeld noch lange kein Grund zu feiern. 

 

Bis jetzt ist es schlicht ein "weniger" und kein "mehr". Jetzt haben die Länder "A" gesagt, jetzt bitte ich darum, auch "B" zu sagen und Eltern anderweitig zu entlasten. 

 

Erst Recht feiere ich nicht als Frau und als Mutter und schon gar nicht als Familie. 

Ich warte noch ab.

 

Eure Juramama.

SEX. (Hatte ich versprochen.)

 

P.S.: Ihr findet mich auf Facebook unter www.facebook.de/juramama oder auf Twitter unter @die_juramama

 

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