· 

Was tun mit all den Millionen? Richtig vererben.

 

BillionPhotos.com/Shutterstock.com

Kinder im Alter zwischen Eins und Acht haben ein juristisch äußerst unsauberes Verhältnis zu den Rechtsbegriffen Eigentum und Besitz. Überall auf der Welt und in nahezu allen Kulturkreisen gilt ein ultimatives Kinder-Sachenrecht, ein merkwürdiger, diktatorisch-kommunistischer Albtraum auf der Grundlage des Prinzips "Mein Besitz ist alles. Dein Eigentum ist nichts".

 

Ein Auszug.

 

 

§ 1 WeltKiSaG (Weltkindersachenrechtsgesetz):

(1) Berührt ein Kind einen beweglichen Gegenstand, zumindest mit einem Teil seines Körpers, so gilt dieser Gegenstand automatisch als dessen Eigentum.

(2) Dieses Eigentum wird durch freiwillige Herausgabe oder durch gewaltsames Entreissen  wirksam an ein anderes Kind übertragen.

(3) Der tatsächliche Wert einer Sache hat für die Wirksamkeit eines eventuellen Tauschgeschäftes keinerlei Bedeutung. Wucher oder arglistige Täuschung gibt es nicht, es gilt das gesprochene Wort oder der konkludente, wortlose Besitzwechsel.

 (4) Herrenlos herumliegende Gegenstände, ebenso Pflanzen, Tiere, Insekten oder Müll, fallen sofort demjenigen Kind zu, welches diese als erster erreicht oder am lautesten Ansprüche darauf anmeldet.

(5) Eine mangelnde Körperlichkeit oder Greifbarkeit stehen einem Eigentumserwerb nicht entgegen. Demgemäß können vom Kind auch Luft, das Meer, übernatürliche Kräfte und Erscheinungen, die Welt und/oder der  Weltraum als ihm gehörend beansprucht werden. In diesen Fällen wird gnädig und inzident die Nutzung durch andere Lebewesen geduldet.

(5) Die Diktate "Geschenkt ist geschenkt! Wieder holen ist gestohlen" und "Weggegangen, Platz vergangen!" haben Gültigkeit bis zum Tag des jüngsten Gerichts und können ausschließlich durch den Ursprungs-Diktator rechtswirksam aufgehoben werden. 

(6) Die Straftatbestände Drohung, Nötigung, üble Nachrede, Beleidigung oder Körperverletzung haben keinerlei Relevanz. Es gilt das Recht des Stärkeren und/oder des Kindes mit der effektiveren Waffe oder der ältesten Geschwister.

(7) Die Formierung von Banden oder Truppen mit der Zielrichtung der Eigentumsvermehrung nach diesem Gesetz ist straflos. 

(8) Die Nichtbeachtung des Gestzes wird hart sanktioniert. Das Waffengesetz wird bezüglich Hieb- und Stichwaffen (Schaufeln, Eimer), Wurfgeschosse ( Sand, Wasser, Quallen) und Körperteilen (Füße, Ellenbogen, Fäuste) eingeschränkt. Geltendes Kriegsrecht ist  außerdem subsidiär. Es dürfen Gefangene genommen werden. Außerdem darf noch Monate oder Jahre nach Gesetzesverstößen heimtückisch und völlig unverhältnismäßig Rache genommen werden.

(9) Einmischungen und Schlichtungen durch mindestens beschränkt geschäftsfähige Personen  werden nicht anerkannt.

Eigentum und Besitz bei Erwachsenen

Für uns Erwachsene sieht die Lage deutlich langweiliger, aber dafür auch erfreulich rechtssicherer aus. Das beruhigt schon einmal, oder nicht? Was uns gehört, gehört uns automatisch gegenüber allen anderen Menschen, wir müssen also nicht den ganzen Tag durch die Gegend laufen und jedem mitteilen, was uns alles so Schönes gehört. 

 

Wie oben erläutert, ist die Situation für Kinder ganz anders, weswegen sie permanent und ungefragt erwähnen müssen "Das ist meins" oder konkret :"Zu Hause habe ich einen echten Drachen. Und Hausschuhe mit Krallen". Das liegt im Kindersachenrecht begründet und kann erzieherisch nicht sanktioniert werden. Ist klar.

 

Eigentum kann also nur mit unserem Einverständnis an einen anderen übertragen werden. Meistens geschieht das durch einen Vertrag, also zum Beispiel durch Kauf, Tausch, oder eine Schenkung. Oder eben gesetzlich durch eine Erbschaft. Vermieten wir unser Eigentum oder leihen wir jemandem nur etwas aus, geht kein Eigentum über, nicht mal für eine einzige Millisekunde. Da besteht lediglich ein popeliges Besitzrecht am Eigentum eines Anderen.

 

Was passiert aber nun mit unserem ganzen Krempel und unseren Millionen auf dem Konto wenn wir, in hoffentlich gesegnetem Alter, versterben? 

Weiß jeder: Den Klimmbimm erbt jemand.

Das Prinzip hat sogar mein 4-jähriger Sohn schon verstanden, der unlängst und kindlich pragmatisch eine Todesreihenfolge der Familie aufstellte. 

Ich habe Glück! Ich trete erst nach Oma, Opa und meinem Mann ab, allerdings deutlich nach unserer Nachbarin Gesine. Die ist zwar ca. 30 Jahre älter als ich, aber bei ihm so populär, dass er regelmäßig verkündet bei ihr einzuziehen, wenn er nicht noch länger KiKa schauen darf. 

Gesine und Mausi bekommen auch im Falle seines Ablebens alle seine Spielsachen, zu gleichen Teilen, vererbt. (Mausi ist eine verdreckte, verlauste und zerfetzte Kuschel-Ratte von IKEA.) 

Seine Schwester und auch wir Eltern gehen unglücklicherweise leer aus. Schade!

 

Was mein Kind hier rechtlich gemacht hat, ist nichts anderes, als seinen "letzten Willen" formuliert. Wenn er dann mal schreiben kann, geschäftsfähig ist und das alles dann auch noch ordentlich zu Papier bringt, dann hat er -schuppdiwupp- ein Testament gemacht.

 

Womit wir beim "erben und vererben" wären.

Wenn wir, wie die meisten Deutschen, kein Testament machen und somit explizit regeln, wer nach unserem Ableben zu welchen Teilen erben soll, dann gilt die normale, gesetzliche Erbfolge. Die muss man aber kennen, um zu wissen, ob man das alles gut findet, oder ob man das eigene Erbe nach den eigenen Vorstellungen abändern möchte - mit einem Erbvertrag oder einem Testament.

 

Einen Notar braucht man für ein Testament übrigens nicht zwingend. Der ist nur Pflicht, wenn man Dinge vererbt, die man auch zu Lebzeiten nur notariell beurkundet an jemand anderen weitergeben kann. Immobilien zum Beispiel. 

Ratsam ist eine Rechtsberatung hier aber trotzdem, die Materie ist schwierig und heikel, schließlich wollen wir nicht, dass sich die Prinzipien des Kindersachenrechts (s.o.) unter den Erben breitmachen und Onkel Hubert mit dem Tafelsilber die Biege macht.

 

Der Wert des Erbes ist aber immer unerheblich, man kann also theoretisch den superwertvollen Oldtimer auf einem Bierdeckel an einen Kumpel vermachen. Das Auto fällt dann aus der sogenannten "Erbmasse" für die gesetzlichen Erben hinaus, vorausgesetzt der Bierdeckel ist unterschrieben und mit Datum versehen und täuschungsecht vom Verstorbenen verfasst.

 

Aber wer erbt eigentlich ?

Wenn es kein Testament gibt, gilt das deutsche Erbrecht und die darin vorgesehene Erbfolge. Die teilt unsere Erben in eine Art Rangfolge ein. Immer wenn noch jemand aus einem höheren Rang am Leben ist, gehen diejenigen aus einem niedrigeren Rang komplett leer aus.

Für Familien mit Kindern sind vor allem die Erben der 1. und der 2. Ordungvon insgesamt vier Ordnungen, praxisrelevant.

Unsere Kinder und Enkelkinder sind Erben der 1. Ordung. Leben alle unsere Kinder zum Zeitpunkt unseres Todes noch, bekommen die unser Erbe, allerdings weder unsere Enkel, noch die Erben der 2. Ordnung.

Die Erben der 2. Ordnung sind unsere Eltern und deren Kinder, also unsere Geschwister. Die erben nur dann von uns, wenn wir keine Kinder (mehr) haben. Oder keine Enkel (mehr). Unsere Geschwister erben auch nur dann, wenn von unseren Eltern keiner oder nur noch ein Elternteil am Leben ist.

 

Mit anderen Worten, hält unser Erbrecht also quasi die "gottgewollte" Todeskandidaten-Reihenfolge ein und schustert unseren Kindern und Kindeskindern unser Vermögen zuerst zu, erst wenn da keiner ist, kommen die Älteren an den Schotter.

 

Der aufmerksame Leser merkt an: "Ey, das Erbrecht hat die Ehe- und Lebenspartner vergessen, wo sind die bitteschön?!"

Die erben neben den Blutsverwandten je nachdem ob und in welcher Form sie verheiratet sind, oder nicht. 

 

Wer erbt also in welcher Höhe?

 

  • Unverheiratete Eltern vererben nichts an ihren Partner und alles an ihre Kinder. Der Partner hat nur einen Unterhaltsanpruch an die Erben für 30 Tage, den dennt man "Dreißigsten". Das war's aber. Mehrere Kinder müssen die erhaltenen Reichtümer und Ländereien immer gerecht zu gleichen Teilen teilen. Wenn man also zusammen lebt, aber nicht heiraten möchte, dann sollte man dringend einen Erbvertrag oder ein Testament machen, gerade wenn man gemeinsames Eigentum hat. - Man stelle sich nur die Situation vor, wenn ein pupertärer Teenager den Hausverkauf des gemeinsamen erworbenen Eigenheims blockieren kann, weil er seine Hälfte beansprucht - denn die hat er ja geerbt! Grande catastrophe!

 

    • Verheiratete haben es einfacher, da erbt der überlebende Ehegatte immer etwas. (Yay!) Vorsicht, auch Schulden (Buh!). Wer, wie die wenigsten Deutschen, einen Ehevertrag gemacht hat, der vererbt wie folgt: Der überlebende Ehepartner bekommt mindestens ein Viertel, die Kinder insgesamt drei Viertel, die sie dann unter sich gerecht aufteilen. 
      • Lebte man verheiratet, wie die meisten ohne Ehevertrag, zusammen, also im (Achtung, schlimme Juraworte!) "gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft", dann bekommt man als überlebender Ehepartner nochmal ein Viertel zu dem Viertel hinzu. Trotz meiner mathematischen Schwerstbehinderung, kann ich nun also verkünden, dass der Ehegatte dann die eine Hälfte, die Kinder die komplette andere Hälfte des Vermögens bekommen. 

 

 

Soviel also zum Erbrecht in Grundzügen. Hoffen wir, dass ihr alle Eure Urenkel noch kennenlernt, aber kümmern muss man sich leider schon früher darum. 

 

Oder zumindest mitreden und eine Meinung dazu haben können. 

Oder Klugscheissen wenn mal wieder jemand über Testamente daherredet. 

 

Dafür ist dieser Blog da: Klugscheissen auf hohem Niveau.

 

Ich hole jetzt meinen Sohn von Nachbarin Gesine ab und grüße Euch wärmstens,

 

Eure Juramama

 

P.S.: Falls ihr ein Thema auf dem Herzen habt, über dass ich auch mal schreiben sollte, dann scheut Euch nicht mir eine Nachricht zu schreiben. 

 

**** Ihr findet mich auch auf Facebook unter Juramama und auf Twitter unter Die_Juramama.****

 

**** Meine Artikel stellen ausserdem keine Rechtsberatung dar und enthalten zum Teil sowohl sarkastische als auch ironische Bemerkungen. Bitte holt immer anwaltlichen Rat ein und verlasst euch nicht auf ein Blog das Juramama heißt. Ich werde hier journalistisch und nicht juristisch oder rechtsberatend tätig.***

  • Everett Collection/Shutterstock.com

     

Kommentar schreiben

Kommentare: 0